Fluch oder Segen? – Funde ungewöhnlich großer Keramikscherben mit frischen Bruchkanten

Lesefunde, welche  von bewirtschafteten Ackerflächen stammen, sind in der Regel aufgrund des Einsatzes moderner Landmaschinen oft sehr kleinteilig zerscherbt. Daher war ich umso überraschter, als ich bei einer meiner letzten Begehungen auf dem wenige Wochen zuvor frisch gepflügten Acker erstaunlich viele große Scherben fand. Und noch erstaunter war ich über die vielen frischen Bruchkanten. Daher versuchte ich zunächst herauszufinden, ob einige der Scherben zusammenpassen. Das war tatsächlich bei manchen der Fall – sie mussten also von demselben Gefäß stammen.

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Südgallische terra sigillata – Bodenscherbe einer Drag 30 Schüssel (Foto: Biggi Schroeder)
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Südgallische terra sigillata: Zwei zusammenpassende Bodenfragmente einer Schüssel (Drag 27). Der Stempel auf der Innenseite des Gefäßes verrät uns den Namen des Töpfers: FIRMO                 (Foto: Biggi Schroeder)
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Töpferstempel FIRMO in Großaufnahme (Foto: Biggi Schroeder)


Warum tauchen plötzlich so viele große Scherben auf?

Diese Frage habe ich mir natürlich gestellt! Meine Vermutung ist, dass der Landwirt möglicherweise etwas  tiefer gepflügt hatte und im Zuge dessen vielleicht einige Gruben angeschnitten hat. Die Scherben traten an manchen Stellen relativ konzentriert auf – das könnte ein weiteres Indiz dafür sein.

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Bodenfragment aus der TS Produktion Rheinzabern (Foto: Biggi Schroeder)

Nicht zu unterschätzen ist zudem der erosionsbedingte Bodenabtrag auf der Ackerfläche.  Denn je dünner die Pflughorizontschicht über einem Bodendenkmal ist, umso eher sind darin befindliche Artefakte und Mauerreste gefährdet.

Beide Faktoren könnten – einzeln oder gemeinsam -in meinem Fall dafür gesorgt haben, das der Pflug die bislang geschützten Scherben  ans Tageslicht brachte.

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Wandscherbe der Urmitzer Ware (Foto: Biggi Schroeder)

Gut oder schlecht?

Gut an der Sache ist, dass ich die Scherben dokumentieren und bergen konnte. Schlecht daran ist, dass der Pflug vermutlich in den Bereich des Bodendenkmals gelangt ist und somit bisher geschützte Funde an die Oberfläche befördert hat.  Umso wichtiger ist die horizontalstratigrafische Dokumentation der  Lesefunde.

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Wandscherbe einer vorgeschichtlichen Warenart (Foto: Biggi Schroeder)

4 Gedanken zu “Fluch oder Segen? – Funde ungewöhnlich großer Keramikscherben mit frischen Bruchkanten

  1. Dirk Weber 28. September 2016 / 20:36

    Beobachte mal die ökologischen Anbauflächen, hier wird zur Unkrautbekämpfung mal locker 60 cm tief gepflügt…

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    • Biggi Schroeder 28. September 2016 / 20:39

      Hallo Dirk,

      danke für den Hinweis, das war mir nicht bekannt bisher!

      Liebe Grüße
      Biggi

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  2. Folkert Tiarks 28. September 2016 / 21:13

    In den allermeisten Fällen, zumindest hier bei uns, wird nur noch sehr selten gepflügt, hier ist das Grubbern angesagt, das selten mehr als 20 cm erreicht.

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  3. Folkert Tiarks 28. September 2016 / 21:19

    In den allermeisten Fällen wird, zumindest bei uns, nicht mehr tiefgepflügt, sondern nur noch gegrubbert. HIerbei wird meist eine Tiefe von nur noch max. 30 cm erreicht.

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