Im Dutzend billiger? – Verkauf original römischer Fundmünzen in der Tourist-Info der Stadt Trier!

Bei meinem Besuch der Stadt Trier im April 2019 wollte ich in der dortigen Tourist-Info an der Porta Nigra einen Stadtplan erwerben. Dabei fiel mir auf, dass dort im Verkaufstresen „Original römische Fundmünzen“ zum Verkauf angeboten werden. Da ich ehrenamtlich selbst in der Archäologie tätig bin, hat mich das etwas erschreckt. Wie kann eine Welterbe-Stadt ihr Kulturgut so verscherbeln? Zumal sich keine Angaben finden lassen, wo diese Funde denn herkommen. Aus Trier? Gar von Sondengängern?

Ohne Herkunftsnachweis: Die original römischen Fundmünzen im Verkaufstresen der Tourist-Info der Stadt Trier! (Foto: B. Schroeder)

Ich sprach daraufhin eine der Damen an, ob es denn einen Herkunftsnachweis dazu gibt. Die Dame meinte nur, ob ich meine das sie lügen würde, denn die Münzen wären schließlich echt. Ich konnte der Dame nicht klar machen, dass es nicht um die Echtheit geht, sondern darum, dass der Herkunftsnachweis fehlt. In meinen Augen fehlte es hier an einem Problembewusstsein. Der Handel mit archäologischen Funden ohne Provenienz ist heute ein wesentlicher Faktor für die Zerstörung von Kulturdenkmälern, weil er Schatzsucher anregt, archäologische Fundstellen umzugraben.

Ich weiß, dass in einer Stadt wie Trier Tausende solcher Münzen gefunden werden, sie sind trotzdem, wie mir die Facharchäologen mit denen ich arbeite erklärt haben, ganz wichtige Quellen um wirtschaftliche Konjunkturen zu erforschen.

Eine Welterbe-Stadt sollte hier sensibler sein, sie sollte sich weder unterstellen lassen können, dass sie mit Raubgrabungsfunden handelt, noch dass sie ihr Erbe verkauft.

Da mir die Dame in der Tourist-Info keine zufriedenstellende Antwort geben konnte, schrieb ich Herrn Oberbürgermeister Leibe an mit der Frage, ob es einen Nachweis für die Herkunft der Münzen gibt und aus welcher Quelle die zum Verkauf angebotenen Münzen stammen. Mir wurde mitgeteilt, dass der zuständige Dezernent, der Beigeordnete Herr Thomas Schmitt, meine Frage in Kürze beantworten würde. Einige Tage später bekam ich dann tatsächlich die avisierte Antwort, welche ich hier nur in den relevanten Auszügen wiedergeben möchte:

„In Absprache mit der Trier Tourismus und Marketing GmbH, die als städtische Tochter unter anderem auch die Tourist-Information an der Porta Nigra betreibt, darf ich Ihnen heute mitteilen, dass die römischen Fundmünzen, die dort zum Verkauf angeboten werden, keine Trierer Provenienz besitzen. Sie stammen aus dem internationalen Kunsthandel, der sie meist aus aufgelösten Privatsammlungen bezieht. Trier war seit dem Ende des 3. Jahrhundert eine bedeutende Münzprägestätte. Hunderttausende Münzen wurden hier hergestellt und dem reichsweiten Münzkreislauf einverleibt. Über 2000 verschiedene Münztypen der Trierer Prägestätte sind bis heute bekannt, mit einer entsprechend großen Menge an geschlagenen Münzen. Die Münzen, die heute im Umlauf und auch bei uns im Verkauf sind, stammen mithin nicht aus dem Trierer Stadtgebiet, sondern meist aus dem östlichen Mittelmeerraum.“

„Obwohl wir also sicher sein können, nicht am Verkauf unseres Welterbes mitzuwirken, sind diejenigen Münzen, die wir aktuell in der Tourist-Info verkaufen, nur noch ein Restbestand früherer Einkäufe. Da die Technik mittlerweile sehr weit fortgeschritten ist, sind wir in der Lage, derart original aussehende Repliken zum Verkauf anbieten zu können, dass wir damit auch jedwedem Restzweifel aus dem Weg gehen können. Insofern wir es ab dem kommenden Jahr ohnehin nur noch Repliken in der Tourist-Info geben.

Nachtrag vom 10.07.2019: Der 1. Absatz wurde nachträglich ausführlich dargestellt! Im 2. Absatz wurde folgendes korrigiert: Das Wort „nicht“ bei dem Satz „Obwohl wir also nicht sicher sein können,… “ war falsch und wurde deshalb nachträglich entfernt!

Leider hat mich die Antwort nicht zufriedengestellt, weil ich nicht verstehen kann, dass man die Münzen nicht sofort aus dem Verkauf nimmt, sondern erst nächstes Jahr. Das sieht für mich nach fehlendem Problembewusstsein aus, daher habe ich Herrn Schmitt nochmals angeschrieben. Die erneute Antwort von Herrn Schmitt war knapp und betonte erneut, dass bereits im ersten Antwortschreiben mitgeteilte als relevant.  

Um die Problematik beim Verkauf solcher antiken Münzen noch besser verstehen zu können, hatte ich Herrn Kriminalhauptkommissar Eckhard Laufer von der Koordinierungsstelle Kulturgüterschutz des Hessischen Landeskriminalamtes einmal ganz allgemein zur Thematik befragt. Er gab mir folgendes Statement, welches ich mit seiner Erlaubnis nachfolgend veröffentlichen möchte:

“Auch wenn der Verkauf dieser Münzen nach dem seit 2016 gültigen Kulturgutschutzgesetz (KGSG) aufgrund des dort verankerten „Sonderstatus“ Massenware nicht zu beanstanden wäre, steht aufgrund (inter)nationaler polizeilicher aber auch archäologischer Erkenntnisse zweifelsfrei fest, dass diese Münzen aus flächendeckenden Plünderungen archäologischer Kulturdenkmäler durch Schatzsucher mittels Metalldetektoren stammen müssen! Ein Markt ist hierzu seit Wegfall des sog. „Eisernen Vorhangs“ explodiert und hält unverändert an. Durchgeführt werden die Plünderungen durch gut organisierte Gruppen/Banden, die auch Kontakte zur organisierten Kriminalität pflegen können oder gar von diesen direkt beauftragt werden. Die für den Handel und Sammler lukrativen Münzen aus Ost-/Südosteuropa oder auch östlichem Mittelmeerraum, Schwarzmeergebiet usw. werden dabei mit Legenden der legalen Herkunft (zumeist angeblich eine Privatsammlung) in den Markt eingeschleust (z.B. Münzbörsen, Auktionshäuser usw.). Die „Schrottmünzen“ wurden und werden nach wie vor massenhaft über das Internet verramscht. Aufgrund dessen empfehlen wir als Polizei stets, solche archäologischen Objekte ohne klare Herkunftsangaben und ohne jegliche Hinweise auf eine legale Herkunft (Freigabe der Herkunftsstaaten) weder zu erwerben, noch weiter zu veräußern.“

Ich möchte als Fazit gerne noch festhalten, dass die Gesamtproblematik beim Erwerb antiker Münzen und weiterer antiker Gegenstände leider immer noch von vielen nicht erkannt wird. Daher habe ich mich auch dazu entschlossen, das erlebte in einem Blogpost zu veröffentlichen. Dies alles mit dem Hintergedanken, damit ein Stück weit zur Aufklärung beizutragen! 

Nachtrag vom 11.07.2019:
Bei der Diskussion in den sozialen Medien nahm Trier erleben auf der Facebook-Seite der DGUF Stellung zu meinem Blogpost. Die Diskussion ist dort komplett nachzulesen.

Mit freundlicher Genehmigung von „Trier erleben“ möchte ich nachfolgend gerne den folgenden Auszug veröffentlichen, in dem die Tourist-Info erfreulicherweise mitteilt, dass die Münzen statt im nächsten Jahr nun sofort aus dem Verkauf genommen werden.

ZITAT:
„Wir haben unsere Münzen nie von einem Auktionshaus erworben, sondern von einem Zwischenhändler, der uns persönlich sehr gut bekannt war/ist, und der uns die unkritische Herkunft bestätigte. Auf dieses Urteil haben wir vertraut und tun es auch heute noch. Nichtsdestoweniger haben wir nach dem Besuch von Frau Schröder bei uns Kontakt mit weiteren Experten aufgenommen, die uns die Legalität bestätigten, jedoch darauf hinwiesen, dass man von Seiten der Archäologie dennoch raten würde, auf Repliken zurückzugreifen. Darauf haben wir im Schreiben an Frau Schröder auch ausführlich Bezug genommen – schade, dass diese Passagen herausgelöscht wurden. In jedem Fall war das Problembewusstsein von unserer Seite aus gegeben, und wir hatten ursprünglich lediglich vor, im weiteren Vertrauen auf unseren Zwischenhändler den kleinen Restbestand an Münzen, die tatsächlich in riesiger Stückzahl weltweit kursieren, abzuverkaufen. Zeitgleich hatten wir umgehend Kontakt zu Replikenherstellern aufgenommen. Nun haben wir uns jedoch dazu entschieden, die Münzen ab sofort aus dem Verkauf zu nehmen.“

8 Gedanken zu “Im Dutzend billiger? – Verkauf original römischer Fundmünzen in der Tourist-Info der Stadt Trier!

  1. Walfischbucht 9. Juli 2019 / 16:04

    Oha. Da war ich erstmal kurz sprachlos. Das ist allerdings erschreckend und mir fehlt für die geschilderte Haltung (gerade auch!) der Stadt Trier und grundsätzlich die Idee sowas anzubieten jedes Verständnis. Danke fürs Posting und Gruß v.d. Ostsee!

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    • Biggi Schroeder 9. Juli 2019 / 16:11

      Lieben Dank für das Feedback und herzliche Grüße

      Gefällt 1 Person

  2. Robert Bollow 9. Juli 2019 / 17:19

    Ich möchte den Post gerne in meinem Blog verlinken. Letztlich ist das das Einzige, was von meiner langjährigen, aktiven Arbeit in der Denkmalpflege noch aktiv bleibt, was mich noch antreibt… nämlich dagegen angehen, auch wenn es immer aussichtsloser scheint. Es interessiert echt kein Schwein.

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    • Biggi Schroeder 9. Juli 2019 / 18:31

      Lieber Robert Bollow,

      danke für das offene Feedback! ich würde mich sehr freuen, wenn Sie den Eintrag auf Ihrem Blog verlinken würden.

      Herzliche Grüße
      Biggi Schroeder

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  3. Florian 10. Juli 2019 / 13:44

    Liebe Biggi Schröder,

    Danke für den interessanten Beitrag.
    Hierbei dürfte es sich leider um keinen traurigen Einzelfall handeln.

    Trotzdem möchte ich als lizensierter Sondengänger/Grabungshelfer auch etwas Kritik äußern:

    „Zumal sich keine Angaben finden lassen, wo diese Funde denn herkommen. Aus Trier? Gar von Sondengängern?

    Es gibt mittlerweile deutschlandweit viele ehrenamtliche Sondengänger die vertrauensvoll mit der Amtsarchäologie zusammen arbeiten und teilweise sogar eigene Forschungsprojekte umsetzen. In deinem Text klingt es leider so, dass Sondengänger Funde das schlimmste überhaupt wären. Eine Bezeichnung wie „Raubgräbern mit Metalldetektoren“ hätte ich da angebrachter empfunden, um die großartige Arbeit der vielen, der Forschung helfenden Sondengängern nicht mit einer Personengruppe zu vergleichen die mutwillig unser aller Kulturgut zerstört.

    Liebe Grüße aus dem Norden
    Florian B.

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    • Biggi Schroeder 10. Juli 2019 / 13:58

      Vielen Dank für das konstruktive Feedback! Sie haben völlig recht: „Raubgräber mit Metalldedetektoren“ wäre der richtige Ausdruck! Vielleicht kann ich das ja nachträglich anpassen.
      Danke und viele Grüße aus Hessen

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      • Florian 10. Juli 2019 / 14:57

        Nichts zu Danken!

        Ich wollte damit nur ausdrücken, dass nur weil Leute ein technisches Hilfsmittel einsetzen, diese nicht gleich automatisch Befunde/Bodendenkmäler zerstören und/oder Fundstücke verkaufen. Natürlich gibt es diese Leute, aber man muss da mittlerweile wirklich differenzieren meiner Meinung nach. Auch von Seiten der Amtsarchäologie wird das leider noch oft in ein und die selbe Schublade gesteckt. Die Archäologie lebt schon seit jeher auch von den ganzen Ehrenamtlern (Feldbegeher, Heimatforscher usw.) nur benutzen diese halt mittlerweile nicht nur ausschließlich ihre Augen auf Feldern, sondern eben auch teilweise Metalldetektoren. 😉

        Lg aus Niedersachsen

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      • Biggi Schroeder 11. Juli 2019 / 10:46

        Ja, gerade beim „Hilfsmittel Metalldetektor“ muss man eindeutig die jeweilige Motivation der Nutzers sehen: Entweder es sind wissenschaftlich interessierte Laienforscher (so wie Sie und viele andere) oder aber die, welche mutwillig Fundstellen zerstören – rein aus monetärem Interesse! Und auch den Archäologen sind die Unterschiede zum Großteil durchaus bewusst… 🙂

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