Auf den Spuren der Mayener Keramik – Ein Tag zwischen aktuellen Forschungen und archäologischen Experimenten.

Keramik gilt als eine der wichtigsten archäologischen Quellen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass gerade die Mayener Ware mit ihrer über 2000jährigen, fast kontinuierlichen Produktion am Standort Mayen für die archäologische Forschung von großer Bedeutung ist. Den Beginn der Produktion vermutet man bereits in der 1. Hälfte des 1. Jhd. v. Chr., das Ende etwa zwischen den Jahren 1941-1943.

Bei meinen Feldbegehungen habe ich im Laufe der Jahre zahlreiche Keramik-Fragmente geborgen, die anhand verschiedener Kriterien für eine Provenienz Mayen sprechen würden. Aber ich wollte es genauer wissen! So kontaktierte ich Dr. Lutz Grunwald vom Kompetenzbereich Vulkanologie, Archäologie und Technikgeschichte des RGZM mit der Frage, ob er sich meine Funde einmal anschauen könnte. Er war gerne dazu bereit, und so machte ich mich am 11. Januar auf den Weg nach Mayen. Dort wurde ich äußert nett empfangen und hatte das Vergnügen neben Dr. Grunwald auch Dr. Michael Herdick, Dr. Stefan Wenzel und Katrin Heyken M.A. bei einer netten Frühstücksrunde näher kennenzulernen.

Autopsie meiner Funde

Nach den kulinarischen Freuden gab es im Nebenraum sozusagen das Dessert: Auf einem Tisch lagen bereits Originalfunde der Mayener Ware in chronologischer Reihenfolge. Anhand dieser Scherben erklärte Dr. Grunwald die einzelnen Merkmale und wies auf Besonderheiten in der jeweiligen Beschaffenheit hin. Das war äußerst spannend für mich, denn Keramik ist etwas, was man nicht ausschließlich über Beschreibungen und Zeichnungen erfassen kann. Ich finde, ein Vergleichsstück in den Händen zu halten ist besser als jede Publikation.

Nach diesem praktischen Exkurs schaute Dr. Grunwald sich als nächstes meine Scherben genauer an. Gerade die Bruchstellen waren für ihn interessant, denn mittels einer Lupe kann man auch kleinste Magerungspartikel erkennen. Diese können zusätzlich die Herkunft der Keramik untermauern.

Das Fazit seiner Autopsie: Bei 3 Fragmenten schloss er eine Herkunft aus Mayen aus. Hierbei handelt es sich vermutlich um eine lokal in Hessen produziert Ware. Dennoch ist bei immerhin 45 Scherben von einer Mayener Provenienz auszugehen. Ein Großteil davon ist der „Klingend hart gebrannten Mayener Ware“ des späten 8./9. Jhd. n. Chr. zuzuordnen.

Labor für experimentelle Archäologie

Im Rahmen meines Besuchs durfte ich mir auch das Labor für Experimentelle Archäologie anschauen. Hier erwartete mich bereits Dr. Michael Herdick, der Leiter des Kompetenzbereichs Experimentelle Archäologie. Bei der anschließenden Führung durch die Räumlichkeiten erfuhr ich dann einiges über die technische Ausstattung, die Arbeitsweisen und auch über die sehr hohen Sicherheitsstandards. Das Labor ermöglicht Studierenden und Forschern die Durchführung von Experimenten in den Segmenten Grobschmiedehandwerk, Keramikherstellung, Buntmetallurgie, Feinschmiedekunst oder Textilarchäologie.

cof
Im Labor für experimentelle Archäologie: Dr. Lutz Grunwald (links), Dr. Stefan Wenzel (Mitte) und Dr. Michael Herdick (rechts) stellen einige Fehlbrände vor (1 Original und 2 Nachbildungen)    (Foto: Biggi Schroeder)

Rekonstruktion eines Töpferofens

Das Highlight dieser Führung war für mich der Nachbau eines rekonstruierten Töpferofens aus Mayen aus der Zeit um 500 n. Chr. Hier erklärte Dr. Herdick dann einiges zur Bauweise und Funktion des Ofens, der bereits einige erfolgreiche Brennversuche hinter sich hat. Dieser Ofentyp wurde zum Brand von einfacher rauhwandiger Ware, die für den Export bestimmt war, genutzt. Mich hat eigentlich am meisten erstaunt, dass auch die Gestaltung der Ofenwandung einen Einfluss auf das Brennergebnis und die Funktionstüchtigkeit hat. Näheres zu diesem Großprojekt findet man auf der Website des RGZM: Erstes Großprojekt am Labor für Experimentelle Archäologie gelungen

Einblick in die Funde aus dem Töpferzentrum Herforst/Speicher

Im 2. Stock des Hauses wartete eine weitere Überraschung auf mich: Hier zeigte Katrin Heyken mir die aus einer Grabung stammenden – bereits zu Gefäßen zusammengesetzten – Funde aus dem antiken Töpferzentrum Herforst/Speicher. Eine äußerst Interessante Geschichte, welche auch in einem Vortrag von Dr. Angelika Hunold und Dr. Holger Schaaff beleuchtet wird. Der Vortrag findet am 17. April 2018 im Rahmen der Wintervorträge statt und trägt den Titel: Archäologie von ungeahntem Ausmaß – Die römischen Töpfereien von Speicher und Herforst (Südeifel)

Fazit:
Für mich war dieser Tag im VAT Mayen etwas ganz Besonderes. Ich hätte nie erwartet, eine solche Fülle an Informationen zu bekommen. Mein Dank dafür geht an das ganze Team. Ganz besonders aber möchte ich Lutz Grunwald danken, der mich in einer unnachahmlich netten Art mit Informationen versorgt und durch den Tag in der VAT begleitet hat.

Empfehlenswerte Literatur zum Thema:

Lutz Grunwald, Den Töpfern auf der Spur – Orte der Keramikherstellung im Licht der neuesten Forschung: Ein Résumé unter Berücksichtigung der Mayener Keramikproduktion. In: L. Grunwald (Hrsg.), Den Töpfern auf der Spur – Orte der Keramikherstellung im Licht der neuesten Forschung. RGZM – Tagungen 21 (Mainz 2015) 449-461.

L. Grunwald, Mayen in der Eifel und die Herstellung der »Mayener Ware« von der Mitte des 4. bis in die 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts. Archäologisches Korrespondenzblatt 46, 2016, 345-361.

L. Grunwald, Keramische Luxuswaren aus den spätmittelalterlichen Töpfereien von Mayen (Lkr. Mayen-Koblenz). Anmerkungen zu Werkstätten und zwei Krugfragmenten mit anthropomorphen Verzierungen. Archäologisches Korrespondenzblatt 45/1, 2015, 137-151.

L. Grunwald, Die spätmittelalterliche und neuzeitliche Keramikproduktion in Mayen in der Eifel. In: S. Glaser (Hrsg.), Keramik im Spannungsfeld zwischen Handwerk und Kunst. Beiträge des 44. Internationalen Symposiums Keramikforschung im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg, 19.-23. September 2011 (Nürnberg 2015) 63-76.

L. Grunwald, Die Mayener Keramikproduktion der jüngeren Neuzeit: Vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. In: H. Schüller (Hrsg.), Mayen im Rückspiegel. Festschrift zum 725-jährigen Stadtjubiläum von Mayen in der Eifel (Mayen 2016) 184-201.

E. Hanning / G. Döhner / L. Grunwald / A. Hastenteufel / A. Resch / A. Axtmann / A. Bogott, Experimental Reconstruction and Firing of a 5th/6th Century Updraft Kiln from Mayen Germany. In: Experimentelle Archäologie in Europa H. 15, 2016, 58-71.

L. Grunwald, Produktion und Warendistribution der Mayener Ware in spätrömischer und frühmittelalterlicher Zeit. In: Chr. Later / M. Helmbrecht / U. Jecklin-Tischhauser (Hrsg), Infrastruktur und Distribution zwischen Antike und Mittelalter. Tagungsbeiträge der Arbeitsgemeinschaft Spätantike und Frühmittelalter 8 (Lübeck, 2.-3. September 2013) (Hamburg 2015) 191-207.

L. Grunwald, Die »Mayener Ware« zwischen Produkt, Handel und Distributionsgebiet (4. bis 14. Jahrhundert). In: M. Schmauder (Hrsg.), Keramik als Handelsgut. Produkt – Distribution – Absatzmarkt. Tagungsband Keramiksymposium 2016 Bonn (im Druck).

E. Hanning / G. Döhner / L. Grunwald / M. Herdick / A. Hastenteufel / A. Rech / A. Axtmann, Die Keramiktechnologie der Mayener Großtöpfereien: Experimentalarchäologie in einem vormodernen Industrierevier. Jahrb. RGZM 61, 2014 (im Druck).

L. Grunwald, Mayen in der Eifel vom 6. bis in das 10. Jahrhundert. Historische Einbindung – Siedlungsstruktur – Wirtschaftsbedeutung. In: Jörg Drauschke / Ewald Kislinger / Karin Kühtreiber / Thomas Kühtreiber / Gabriele Scharrer-Liška / Tivadar Vida (Hrsg.), Lebenswelten zwischen Archäologie und Geschichte. Festschrift für Falko Daim zu seinem 65. Geburtstag. RGZM Monographien 150 (Mainz 2018) (im Druck).

 

Stempelverzierungen auf merowingerzeitlichen Knickwandgefäßen

Die Art der Verzierung eines Gefäßes kann für die archäologischen Wissenschaften von großer Bedeutung sein, denn nicht selten lassen sich anhand der diversen Stempelverzierungen auf den Gefäßen einzelne Absatzgebiete der Töpfereien sowie auch die Handelswege der Ware nachvollziehen. Selbst eine zeitliche Einordnung ist – unter der Berücksichtigung weiterer Kriterien wie Scherben-Beschaffenheit und Form – möglich.

Im Laufe der Jahre habe ich bei regelmäßigen Begehungen von zwei Wüstungen ebenfalls schon einige dieser stempelverzierten merowingerzeitlichen Scherben gefunden – so auch jetzt wieder bei meiner Begehung vom 13. August 2017. Typischerweise ist diese Keramik der Merowingerzeit ja eher aus Grabfunden bekannt. Dennoch tauchen sie auch öfters im Fundmaterial der von mir begangenen ehemaligen Siedlungen auf. Einige dieser verzierten Scherben möchte ich nun hier vorstellen.

Die frühe Phase: Anfang des 6. Jhd. n. Chr.

Einige der Scherben meines Fundmaterials sind anhand bestimmter Kriterien der frühen Phase zuzuordnen. Da wären zum Beispiel Verzierungen zu nennen, welche mit einem sogenannten Einzelstempel angebracht wurden.

DSC03604
Randscherbe mit Einzelstempel (liegende S) und umlaufender Wulst unter dem Rand              (Foto: Biggi Schroeder)
DSC03590
Randscherbe mit Halbbogenstempel-Einzelstempel (Foto: Biggi Schroeder)
DSC03617
Wandscherbe mit Einzelstempel in Kreisform (Foto: Biggi Schroeder)

Anschlussphase: ab Mitte des 6. Jahrhundert n. Chr.

Im späteren Verlauf, etwa ab der Mitte des 6. Jhd. n Chr., traten dann Einzelstempel auch in Kombination mit Rollstempeln auf.

DSC03612
Wandscherbe mit halbbogenförmigem Einzelstempel in Kombination mit Rollstempelzier     (Foto: Biggi Schroeder)
DSC03633
Wandscherbe mit Rosettenstempel in Kombination mit mehrzeiligem Viereckrollstempel (Foto: Biggi Schroeder)
DSC03611
Wandscherbe mit umlaufender Wulst und einzeln gestempelten, senkrecht gestellten, paarigen Vertiefungen (Foto: Biggi Schroeder)

 

Im Verlauf des späten 6 Jhd. bis hin zum 7. Jhd. n Chr. tauchten dann verstärkt auschließlich mehrzeiligen Rollstempelverzierungen an den Gefäßen auf. Hier einige Beispiele aus meinem Fundspektrum.

Zum Schluss noch ein wichtiger Aspekt:  Funde und deren Dokumentation

Übrigens finden auch die Archäologen meine Fundstellen und die Funde sehr spannend – nicht zuletzt, weil ich stets eine saubere Dokumentation der Funde mitliefere. Diese ist deshalb so wichtig, weil erst dadurch jede einzelne Scherbe quasi eine „Herkunft“ erhält.

Meine Fundmeldung an die HessenArchäologie erfolgt übrigens immer erst am Ende eines Jahres. Der für meinen Bereich zuständige Archäologe schaut sich dann die Funde zusammen mit mir an. Diese kann ich im Anschluss dann wieder zuhause in meinen Fundkisten verstauen.

Danksagung
Mein Dank für die Unterstützung bei der zeitlichen Einordnung der Keramikfragmente geht an Prof. Dr. Rainer Schreg (Universität Bamberg) (Betreiber des Blogs Archaeologik) sowie Prof. Frank Siegmund.

Archaeologik zeigt, wie es funktioniert: Anleitung zur zeichnerischen Dokumentation von Keramikfunden

Der neue Blogbeitrag von Rainer Schreg hat es in sich: Er stellt in seinem Blog Archaeologik die zeichnerische Dokumentation von Keramikfunden vor. Der Beitrag ist auch für Laien gut verständlich und nachvollziehbar.  Es handelt sich dabei um eine step-by-step Anleitung, die mit entsprechenden Fotos und Beispielen von Fundzeichnungen sehr aussagekräftig ist.Mir gefällt auch die Kombination auf Foto und Zeichnung sehr gut. Das wird aber bei meinen Funden so gut wie kaum anwendbar sein, denn bei dieser Art der Darstellung sollte möglichst viel von dem Gefäß erhalten sein.

Hier ist der Link zu seinem Blogpost  Archaeologik: Zeichnerische Dokumentation von Keramikfunden

Mein Beitragsbild für diesen Blogpost zeigt eine von meinen eigenen Zeichnungen, die ich aber irgendwann durch eine bessere Zeichnung. ersetzen werde. Die Anleitung von Rainer Schreg ist auf jeden Fall für mich ein Anreiz, es selbst in dieser Form auszuprobieren 😉

dsc02522
Zeichnung eines Spinnwirtels in der Draufsicht (Foto und Zeichnung: Biggi Schroeder)

Spinnwirtel im archäologischen Fundmaterial von Siedlungen – Ein Hinweis auf lokale Textilproduktion?

Textilien kaufen wir in der heutigen Zeit entweder in Chain-Stores  oder ganz bequem im Internet. Diese werden aber hauptsächlich in großer Entfernung hergestellt, so dass wir die Produktionsbedingungen gar nicht mehr wahrnehmen.

Wenn wir in die archäologische Forschung schauen, dann zeigt sich anhand entsprechender Funde, dass Spinnen und Textilhandwerk Alltag waren. Archäologen können dies beispielsweise belegen, wenn sich Spinnwirtel oder Webgewichte im Fundmaterial von Siedlungsgrabungen finden.

Bei einem Spinnwirtel handelt es sich um das bei der Handspinnerei verwendete Schwunggewicht, welches am unteren Ende einer Handspindel sitzt. Spinnwirtel finden sich im archäologischen Fundmaterial des Neolithikums genauso wie in dem der Bronzezeit, der Eisenzeit, der Römerzeit und natürlich im gesamten Mittelalter. Mit dem Aufkommen des handbetriebenen Spinnrades im 13. Jahrhundert kommen Handspindeln – und somit auch die Spinnwirtel – nach und nach außer Gebrauch.

dsc02527
Hinweise auf Textilherstellung in abgegangenen Siedlungen: Oberflächenfunde von Spinnwirteln aus Ton und Knochen (Foto: Biggi Schroeder)

Auch im Fundmaterial der von mir regelmäßig begangenen mittelalterlichen Wüstungen finden sich häufiger Spinnwirtel. Etwas problematisch ist es, die genauere Zeitstellung der Wirtel zu ermitteln. Da diese als  Lesefunde geborgen wurden, ist eine genauere Datierung oft nicht möglich. Dies gilt vor allem dann, wenn sie keine besonderen Merkmale – wie etwa Verzierungen oder spezielle Formen – aufweisen. Bei einer archäologischen Grabung wäre das anders, denn hier hätte man die Möglichkeit einer Datierung in einen Kontext zu Beifunden oder über die Stratigraphie.

Vom Material her gab es Spinnwirtel aus Stein, Ton, Glas, Knochen und Metall. Was die Form betrifft, so waren kegelförmige, scheibenförmige, halbkugelige, doppelkonische oder runde Formen beliebt.

Ich möchte nachfolgend vier Spinnwirtel aus dem Fundmaterial meiner Wüstungen einzeln  vorstellen. Zur besseren Visialisierung habe ich, zusätzlich zu den Fotos, noch einige Zeichnungen im Maßstab 1:1 angefertigt.

Spinnwirtel aus Knochen (halbkugelig)

Der Spinnwirtel aus Knochen ist ohne jede Verzierung. Eine Besonderheit zeigt sich bei Lochbohrung: Dieses ist nicht komplett durchgängig. An der Unterseite beträgt die Tiefe der Bohrung 1,2 cm und an der Oberseite 0,4 cm. Denkbar wäre, dass es sich hierbei um einen misslungener Versuch handelt.

Von seiner Form her ist der Spinnwirtel halbkugelig. Er hat einen Durchmesser von 3,6 cm und ist an der höchsten Stelle 1,8 cm hoch.


Spinnwirtel aus Ton (rund)

Der Spinnwirtel ist an der Oberfläche grau-blau und im Kern grau. Der Ton ist teils mit weißen Partikeln (Quarzsand?) und mit kleinen schwarzen Partikeln gemagert und wurde mittelhart gebrannt.

Von seiner Form her ist der Spinnwirtel rund. Er hat einen Durchmesser von 3,5 cm und eine Höhe von 1,9 cm.


Spinnwirtel aus Ton (kegelförmig)

Der nicht komplett erhaltene Spinnwirtel ist an der Oberfläche und im Kern grau. Der Ton ist teils mit weißen Partikeln (Quarzsand?) gemagert und mittelhart gebrannt.

Von seiner Form her ist der Spinnwirtel kegelförmig. Er hat einen Durchmesser von 2,5 cm und ist 2,0 cm hoch.


Spinnwirtel aus Ton (doppelkonisch)

Der Spinnwirtel ist an der Oberfläche dunkelgrau und relativ gut geglättet. Er ist mittelhart gebrannt.

Von seiner Form her ist der Spinnwirtel asymetrich doppelkonisch. Ober- und Unterseite sind nicht gekehlt sondern flach.  Er hat an der breitesten Stelle einen Durchmesser von 2,5 cm und ist 1,5 cm hoch.

 

Literaturhinweise:

Die nachfolgenden Publikationen sind im Intenet als PDF abrufbar:

Karina Grömer, 2006: Vom Spinnen und Weben, Flechten und Zwirnen. Hinweise zur neolithischen Textiltechnik an Österreichischen Fundstellen. Archäologie Österreichs 17/2, 2006

W. Haio Zimmermann, 1982: Archäologische Befunde frühmittelalterlicher Webhäuser. Jahrbuch der Männer vom Morgenstern 61, 111-144, Bremerhaven, 1982

 

Fluch oder Segen? – Funde ungewöhnlich großer Keramikscherben mit frischen Bruchkanten

Lesefunde, welche  von bewirtschafteten Ackerflächen stammen, sind in der Regel aufgrund des Einsatzes moderner Landmaschinen oft sehr kleinteilig zerscherbt. Daher war ich umso überraschter, als ich bei einer meiner letzten Begehungen auf dem wenige Wochen zuvor frisch gepflügten Acker erstaunlich viele große Scherben fand. Und noch erstaunter war ich über die vielen frischen Bruchkanten. Daher versuchte ich zunächst herauszufinden, ob einige der Scherben zusammenpassen. Das war tatsächlich bei manchen der Fall – sie mussten also von demselben Gefäß stammen.

ts-bodenfragment-einer-drag-30-schussel
Südgallische terra sigillata – Bodenscherbe einer Drag 30 Schüssel (Foto: Biggi Schroeder)
ts-sudgallisch-drag-27-mit-stempel
Südgallische terra sigillata: Zwei zusammenpassende Bodenfragmente einer Schüssel (Drag 27). Der Stempel auf der Innenseite des Gefäßes verrät uns den Namen des Töpfers: FIRMO                 (Foto: Biggi Schroeder)
Töpferstempel FIRMO
Töpferstempel FIRMO in Großaufnahme (Foto: Biggi Schroeder)


Warum tauchen plötzlich so viele große Scherben auf?

Diese Frage habe ich mir natürlich gestellt! Meine Vermutung ist, dass der Landwirt möglicherweise etwas  tiefer gepflügt hatte und im Zuge dessen vielleicht einige Gruben angeschnitten hat. Die Scherben traten an manchen Stellen relativ konzentriert auf – das könnte ein weiteres Indiz dafür sein.

ts-bodenscherbe-rheinzabern
Bodenfragment aus der TS Produktion Rheinzabern (Foto: Biggi Schroeder)

Nicht zu unterschätzen ist zudem der erosionsbedingte Bodenabtrag auf der Ackerfläche.  Denn je dünner die Pflughorizontschicht über einem Bodendenkmal ist, umso eher sind darin befindliche Artefakte und Mauerreste gefährdet.

Beide Faktoren könnten – einzeln oder gemeinsam -in meinem Fall dafür gesorgt haben, das der Pflug die bislang geschützten Scherben  ans Tageslicht brachte.

urmitzer-ware
Wandscherbe der Urmitzer Ware (Foto: Biggi Schroeder)

Gut oder schlecht?

Gut an der Sache ist, dass ich die Scherben dokumentieren und bergen konnte. Schlecht daran ist, dass der Pflug vermutlich in den Bereich des Bodendenkmals gelangt ist und somit bisher geschützte Funde an die Oberfläche befördert hat.  Umso wichtiger ist die horizontalstratigrafische Dokumentation der  Lesefunde.

wandscherbe-vorgeschichtlich
Wandscherbe einer vorgeschichtlichen Warenart (Foto: Biggi Schroeder)

Aktenzeichen „Warenart unbestimmt“…

Jeder Feldbegeher kennt das sicherlich: Man findet hin und wieder Rand-, Wand- Bodenscherben, die man nicht zweifelsfrei einer  bestimmten Warenart zuordnen kann. Im Fundbericht und auf dem Fundzettel beschreibe ich diese anhand der sichtbaren Merkmale so gut wie möglich und versehe sie mit dem Hinweis „Warenart unbestimmt“.

Bei dieser Scherbe, die ich bei einer Begehung im Mai 2014 entdeckt habe, handelt es sich um einen solchen Fund. Er fällt (bislang) in die Kategorie“ Warenart unbestimmt“, denn selbst Autopsien haben bislang keine Klärung gebracht. Vielleicht kann irgend jemand anhand des Beitrags „sachdienliche Hinweise“ auf die Identität der „unbekannten Scherbe“ geben.

DSC01779
Schauseite der Wandscherbe mit plastischer Wellen- und Rillenzier (Foto: Biggi Schroeder)

Beschreibung: Farbe mittelgrau, im Kern hellgrau, klingend hart gebrannter Scherben, breite und tiefe Riefen an der Innenseite, die Schauseite weist eine plastische Verzierung mit Wellenmuster und Rillen auf. Anhand des Verlaufs der Rillen könnte es sich um das Fragment eines Deckels handeln. Der Scherben weist nur wenige, mittelgrobe Magerungsbestandteile auf.

DSC01780
Innenseite mit tiefer, breiter Riefung (Foto: Biggi Schroeder)
DSC01784
Profil der Scherbe (Foto: Biggi Schroeder)

Von der Zeitstellung her würde ich eine grobe Datierung ins Spätmittelalter nicht ausschließen. Aber das muss erst mal pure Spekulation bleiben.

Vielleicht könnt ihr ja Licht ins Dunkel bringen. Ich freue mich auf entsprechende Hinweise zur möglichen Warenart!

 

 

 

Ausstellungstipp: OMG! – Objekte mit Geschichte!

OMG! – Objekte mit Geschichte. So lautet der Titel einer aktuellen Ausstellung im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe. Dort sind an 26 Stationen – inmitten der Dauerausstellungen – Objekte mitsamt ihrer jeweils außergewöhnlichen Geschichte zu erleben. Fast alle gezeigten Objekte fanden auf äußerst seltsamen und oft zweifelhaften Wegen ihren Weg ins Museumsdepot.

Die folgende „Objektgeschichte“ finde ich besonders bezeichnend, denn sie handelt in einer Zeit, als typischerweise Pfarrer, Lehrer und Akademiker an archäologischen Ausgrabungen teilnahmen – oder diese gar in Eigenregie ausführten.

Des Pfarrers „neue Pötte“

Bei einer Ausgrabung der Badischen Altertümerverwaltung im Jahr 1911 wurden im Kraichgau drei Gefäße aus einem Grabhügel der älteren Hallstattzeit geborgen. An der Grabung war unter anderem auch der ortsansässige Pfarrer beteiligt. Für seine Mühe hat er sich offenbar selbst belohnt: 3 der geborgenen Gefäße hat er als „persönliches Andenken“ an die Grabung für sich behalten.

Obwohl das Badische Landesmuseum die Gefäße über Jahre hinweg zurückverlangte, kamen erst seine Erben der Aufforderung nach und übergaben die Gefäße. Allerdings waren diese inzwischen leider mit einer Tarnfarbe überstrichen worden…

Hallstattzeitliche Gerfäße mit moderner Übermalung
Des Pfarrers „Pötte“:  Nach 100 Jahren fanden sie endlich ihren Weg ins Museum. Leider wurden sie mit einer Tarnfarbe übermalt! (Foto: Biggi Schroeder)

Fazit: Eine sehr lohnenswerte Ausstellung mit einen ganz spannenden Ansatz für die Präsentation von archäologischen Objekten. Diese werden nicht als „Schatz“ präsentiert, sondern als das was sie tatsächlich sind: Objekte mit einer Geschichte!

Keramik im Scherbenschleier! Vom Umgang mit spätmittelalterlichen bis neuzeitlichen Lesefunden

Viele Feldbegeher neigen dazu, bei einer Begehung ausschließlich die „schönen“ und verzierten Scherben aufzunehmen sowie selektiv hinsichtlich der eigenen bevorzugten Zeitstellung zu agieren. Einige mir bekannte Personen sind gar der Meinung, dass ausschließlich die Randscherben eine Aussagekraft besitzen. Als Folge bleiben unscheinbar aussehende Wandscherben sowie auch spätmittelalterliche bis neuzeitliche Keramik – welche dem Scherbenschleier zuzuordnen ist – auf dem Acker zurück. Aber gerade eine konsequente und gute Dokumentation dieser Warenarten kann den Archäologen wichtige Aussagen hinsichtlich möglicher Veränderungen in den Landnutzungsstrategien und somit der Siedlungsentwicklung geben.

Was genau ist eigentlich ein Scherbenschleier?

Einen sehr guten Überblick – auch über die Bedeutung des Scherbenschleiers für die Forschung – liefert uns Rainer Schreg in seinem Blogpost „Scherbenschleier als Indikator für Landnutzungsstrategien“

Auch Tamara Ruchte, Larissa Schulz und Lukas Werther haben den äußerst interessanten Blogpost „Landnutzung und Siedlungsentwicklung im Umfeld des Karlsgrabens. Scherbenschleier als archäologische Quelle“ verfasst. Hierbei geht es um mehrere Kampagnen, in denen ein Team aus Studierenden und Ehrenamtlichen sehr große Ackerflächen systematisch begangen hat.

Gerade auch die Beschreibung der Methodik finde ich hierbei sehr spannend. Alle Fragmente (auch kleinste Teile) wurden systematisch und zentimetergenau mittels Differential-GPS eingemessen. Abgrenzbar gegen echten Siedlungsniederschlag wird das Fundmaterial übrigens nur durch eine vollständige Aufsammlung. Hier zählt also eher die Quantität als die Qualität. Die so gewonnenen Daten können zu einem besseren Verständnis der spätmittelalterlichen bis neuzeitlichen Landnutzung und Siedlungsgenese beitragen. Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Mistdüngung: Zerbrochene Keramik wurde früher häufig auf dem Misthaufen entsorgt. Die Scherben gelangten dann – quasi als sekundärer Verlagerung – zusammen mit dem Dung auf die Felder.

Beispiele für keramisches Fundmaterial aus dem Scherbenschleier

Nachfolgend stelle ich einige der Keramikfunde aus dem Fundmaterial meiner Wüstungen vor, die dem Scherbenschleier zuzurechnen sind.

DSC01229 (800x600)
Blau-graues Steinzeug diverser Produktionsstätten und Zeitstellungen – etwa zwischen 1650 bis 1800 n. Chr. (Foto: Biggi Schroeder)
DSC01234 (800x600)
Untere Reihe & oben rechts: Fragmente vom Siegburger Trichterhalskrügen,  1675 n. Chr.  Oben limks: Hart gebrannte Irdenware rhein. Produktion – ca. 12-13. Jhd.                          (Foto: Biggi Schroeder)
DSC01225 (800x600)
Scherben der Warenart „Jüngere graue Drehscheibenware“ (Foto: Biggi Schroeder)
DSC01239 (800x600)
Kleinstfragment eines Siebeinsatzes (links unten) sowie Scherben der sogenannten  manganvioletten Ware (Foto: Biggi Schroeder)

Die Aussagekraft des Scherbenschleiers

Der Aussagekraft des Scherbenschleiers ist auch wichtig zur Abgrenzung echter Siedlungsaktivitäten der begangenen Flächen. Wichtig sind in dem Zusammenhang die Beobachtung und Dokumentation von Funden der jüngeren Vergangenheit zur Eingrenzung von Arealen mit Müllabladung.

Übrigens: Für Verteilungsanalysen sind Randscherben allein oft zu wenig. Eine grobe Einordnung nach Warenarten ist aber oft auch bei Wandscherben möglich.

 

Keramik des Hochmittelalters: Pingsdorfer Ware

Autopsie meiner Fundstücke

Die Pingsdorfer Ware ist sehr häufig im Fundspektrum meiner Wüstungen vertreten. Dieser Umstand und wohl auch der schlechte Forschungsstand in Südhessen veranlasste Rainer Schreg (RGZM) vor 2 Jahren dazu, mir einen direkten Vergleich meiner Funde mit Originalen aus Haithabu anzubieten. Diese Autopsie fand im Mai 2013 am RGZM in Mainz statt. Rainer und seine Kollegin Heidi Panthermehl konnten mein mitgebrachtes Fundmaterial im direkten Vergleich mit Pingsdorfer Ware des Fundorts Haithabu betrachten. Das Ergebnis: Beim Großteil der Scherben handelt es sich wohl tatsächlich um Ware, die im rheinischen Vorgebirge produziert wurde. Mein Fundmaterial stammt übrigens von Wüstungen, die im Einzugsgebiet der ehemaligen Pfalz Trebur liegen. Vielleicht gehörte die Keramik sozial besser gestellten Menschen, die sich solche Importwaren leisten konnten.

Beschreibung der Warenart

Bei der Pingsdorfer Ware handelt es sich um eine rot bemalte, helle Irdenware. Produziert wurde die Pingsdorfer Ware zwischen dem späten 9. und dem 13. Jahrhundert an verschiedenen Töpferzentren im rheinischen Vorgebirge, u.a. auch am namensgebenden Standort Brühl-Pingsdorf. Da es sich bei den Produkten überwiegend um ein Schank- und Tischgeschirr handelte, dominierten formentechnisch Amphoren, Krüge, Becher und Töpfe. Es gibt wie bei jeder anderen Warenart auch immer lokale Nachahmungen, die aber oft durch spezifische Merkmale (wie etwa Glimmerzusätze) gut von der rheinischen Vorgebirgsware zu unterscheiden sind.

Die grafische Gestaltung

An der Pingsdorfer Ware fasziniert mich vor allem die ungewöhnliche Art der grafischen Gestaltung: Vor dem Brennvorgang wurde roter (eisenhaltiger) Tonschlicker mit den Fingern oder einem Pinsel auf die hellen Gefäße aufgetragen. Die unregelmäßig wirkende Bemalung mit Tupfen, Klecksen, Kringeln, Strichen oder Gittermustern fand sich meistens unterhalb der Randzone der Gefäße, aber auch am Fuß der Gefäße. In einigen Fällen reicht die Bemalung sogar über den Gefäßrand hinaus; d.h. die Innenseite ist ebenfalls bemalt.

DSC01061 (800x600)
Pingsdorfer Ware: Verziert mit Strichen, Kringeln, Tupfen und Gittermuster (Foto: Biggi Schroeder)

Scheinbar war diese  unregelmäßig anmutende Art der Verzierung ein „neuer Trend“ in grafischer Hinsicht. Mir fällt dazu auch das Wort „mutig“ ein: Denn diese Art der Verzierung steht m.E. in deutlichem Kontrast zu den bislang aus dem Mittelalter bekannten, eher gleichmäßig und grafisch exakt anmutenden, Verzierungstechniken. Wollte man ein Zeichen setzen? Das wird sich wohl nicht mehr klären lassen…

DSC01074 (800x600)
Eigene Nachbildung eines Pingsdorfer Bechers mit Linsenboden der Phase 3 nach Sanke – datiert ca. 900 n. Chr. (Foto: Biggi Schroeder)

Warentechnische Merkmale

Farbtechnisch und auch vom Härtegrad sind die Pingsdorfer Scherben sehr unterschiedlich. Neben weißlichen-gelben Tönen treten orangefarbene sowie auch graue bis oliv-graue Töne auf. Die grauen Töne können durch durch eine Überfeuerung beim Brennvorgang entstanden sein. Das Farbspektrum bei der Bemalung variert ebenfalls von einem hellen rot bis hin zu dunkelviolett. Vom Härtegrad her variiert die Spanne von hart gebrannt bis hin zu steinzeugartig hart gebrannt. Eines haben die Scherben jedoch gemeinsam: Eine sandpapierartig rauhe Oberfläche, die durch die Magerung des Tons mit relativ feinem Sand entstand.

DSC01068 (800x600)
Diese Tülle gehört zu der grauen, überfeuerten Variante der Pingsdorfer Ware (Foto: Biggi Schroeder
DSC01065 (800x600)
Gelb-orange farbene Tülle einer Pingsdorfer Amphore (Foto: Biggi Schroeder)

Formenspektrum

Bei Wikipedia gibt es eine frei zugängliche Übersicht über das Formenspektrum der Pingsdorfer Keramik nach Koenen BJB 1898.

DSC01072 (800x600) DSC01070 (800x600)

Verbreitung

Die Verbreitung der Pingsdorfer Ware erfolgte meist rheinabwärts und entlang seiner Nebenflüsse. Sie wurde auch bis in das Nordseeküstengebiet befördert, sogar in England und Skandinavien ist sie zu finden. In Südwestdeutschland konnte Uwe Gross das Vorkommen dieser Ware linksrheinisch zwischen „Mainz im Norden und der französischen Grenze im Süden“ und bis in das südliche Hessen und im Badischen Neckarmündungsgebiet nachweisen. 1

Publikationstipp zum Download

Die Publikation von Andreas Heege „Die Keramik des frühen und hohen Mittelalters aus dem Rheinland: Stand der Forschung – Typologie, Chronologie, Warenarten“ kann als PDF kostenfrei über die Webseite der Universitätsbibliothek Heidelberg heruntergelanden werden.

Mein Dankeschön für diesen Tipp geht an Prof. Dr. Siegmund Frank.

Quellennachweis
1.   Annarita Martini, Die mittelalterliche Keramik aus Ingelheim am Rhein,  2006; S. 119

 

Keramik des Früh- bis Hochmittelalters: Badorfer Ware

Zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert wurden am Töpfereistandort Badorf (eine der Töpfereien im Rheinischen Vorgebirge) u.a. die sogenannten Reliefbandamphoren sowie Töpfe mit Reliefband produziert.

DSC00834 (800x600) DSC00835 (800x600)
Mit Viereckrollstempeln verzierte Fragmente von Leistenauflagen einer Reliefbandamphore (Foto: Biggi Schroeder)
DSC00836 (800x600)DSC00832 (800x600)

Gemeinsames Merkmal sind aufgelegte bzw. verstrichene Leisten mit und auch ohne Dekor. Oft sind die Leisten aber mit Rollstempeln verziert. Bemerkenswert ist auch die beachtliche Größe der Gefäße. Man kann sich gut vorstellen, dass diese als Transport- oder Vorratsgefäß gedient haben. Auch über die Verzierung kann man spekulieren: Es könnte ein die Amphore umschlingendes Seil imitieren – etwa in der Art wie es die Römer zum Transport Ihrer Amphoren verwendeten. Es kann aber auch einen ganz anderen Zweck erfüllt haben: Rainer Schreg erwähnte beispielsweise einmal, dass diese Leistenauflagen möglicherweise auch der Stabilisierung des Gefäßes gedient haben könnten.

Badorfer Ware oder „Ware des Typs Badorf“ im Fundspektrum?

In meinem Fundspektrum sind auch einige Fragmente von Leistenauflagen sowie 3 Randscherben, welche auf der Randlippe eine Rollstempelverzierung tragen, vertreten. Ich hatte aufgrund von formalen und – soweit möglich- warentechnischen Kriterien vermutet, dass es sich dabei um die Badorfer Ware handeln könnte. Technisch zeichnet diese sich u.a. durch eine sehr feine Magerung (bis auf einige Ausreißer – siehe Foto) und eine matte, kreidigglatte Oberfläche sowie einen oxidierenden Brand aus. Aber ich wollte Gewissheit, also musste eine Autopsie her.

DSC00830 (600x800)
Randscherbe der Badorfer Ware, die Randlippe ist mit Rollstempeldekor verziert. (Foto: Biggi Schroeder)

Dirk Herdemerten von der ARCHBAU in Köln bot mir spontan an, dass sich sein Mitarbeiter, Dieter Hupka, die Scherben einmal ansehen könnte. Dieter ist der Spezialist, wenn es um die Bestimmung von Warenarten aus dem Rheinischen Vorgebirge geht. Er schaute sich meine mitgebrachten Scherben unter Betrachtung der formalen und herstellungstechnischen Kriterien an.
Sein Fazit: Nach Autopsie der Stücke lässt sich eine Herkunft aus dem Vorgebirge/(‚Villle‘ bei Köln) begründet annehmen. Der Herstellung der Reliefbandamphoren ist aber nicht in Badorf allein zu lokalisieren, vielmehr kommen ebenso die Nachbarorte Eckdorf und Walberberg in Betracht. Die Befundlage ist generell für die Badorfer Ware nicht so gut wie im Falle von Pingsdorf, wo Töpferöfen und Material in relevanter Menge zutage kamen. Es ist sinnvoller, die Bezeichnung „Vorgebirgskeramik vom Typ Badorf“ zu verwenden, um Missverständnisse bzgl. der Provenienz auszuschließen.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Dieter, Dirk und dem Team der ARCHBAU Köln für die unkomplizierte, „länderübergreifende“ Unterstützung bei der Keramikbestimmung.