Der Wissenschaftsblog Archaeologik, über den ich auch schon einmal berichtet hatte, wird von Priv. Doz. Dr. habil. Rainer Schreg betrieben. Kürzlich hat er meinem Blog „Scherben, Steine, Wüstungen…“ einen Beitrag gewidmet. In diesem beleuchtet er die Inhalte meines Laienblogs aus dem Blickwinkel des Archäologen und Wissenschaftlers.
Ich wurde gefragt, ob ich einen weiteren Gastbeitrag für den LWL-Blog – diesmal zum Thema „Interesse an Archäologie“ – schreiben möchte. Das habe ich sehr gerne getan und hier ist das Ergebnis: Besonderes Interesse: Archäologie
Um die bei einer Feldbegehungen festgestellten Fundkoordinaten für die archäologische Wissenschaft verwertbar zu machen, müssen wir diese entsprechend aufbereiten. Nur so ergibt sich ein vollständiger Überblick über die Begehungsaktivitäten.
Um ehrenamtlichen Feldbegehern den Einstieg in eine gute Dokumentation zu erleichtern, stelle ich hier mein Prinzip der Dokumentation vor. Dieses wurde von der HessenArchäologie und den Archäologen in meinem Netzwerk für sehr gut befunden.
Diese Funde der Warenart „Pingsdorfer (oder Pingsdorfer Art) wurden in der Funddatenbank mittels ihrer Koordinaten und Beschreibungen genau erfasst. (Foto: Biggi Schroeder)
Die Erstellung einer Funddatenbank in Excel
Ich nutze als Funddatenbank ganz simpel eine Excel-Datei. Diese läßt sich bei Bedarf nach bestimmten Kriterien filtern.
Wandelt man die Excel-Datei in das Format CSV um, dann kann man sie sogar als Textdatei in ein Geoinformationssystem (z.B. QGIS) einbinden. Sie kann nun in ein sogenanntes Shapefile umgewandelt werden, welches die Fundpunkte als Punktelayer auf eine topografische Karte projiziert.
Download einer Mustertabelle
Ich stelle hier nun eine Mustertabelle mit fiktiven Daten zum Download zur Verfügung.
Diese kann nach dem Download mit den eigenen Daten überschrieben werden. excel-funddatenbank
Beschreibung der Tabelleninhalte:
Fundtag:
Hier wird das jeweilige Datum der Feldbegehung eingetragen
Fundnummer:
Es ist sinnvoll, eine fortlaufende Fundnummer zu vergeben. Man kann dazu beispielsweise auch die Numerierung der Waypoints nutzen, die das GPS-Gerät ausgibt. Diese sind fortlaufend, wenn man sie nicht zwischendurch löscht. Sobald ein Fund eingemessen ist, wird die Nummer des Waypoints auf einen Zettel notiert. Dieser kommt dann zusammen mit dem Fund in die Fundtüte. So wird sichergestellt, das dem jeweiligen Fund auch die richtigen Koordinaten zugeordnet werden.
Gemeinde, Gemarkung, Flur:
Diese Kategorie ist selbsterklärend 😉
X
Bei dem mit X bezeichneten Feld wird jeweils der sogenannte Rechtswert der Koordinate eingetragen.
Y
Bei dem mit Y bezeichneten Feld wird jeweils der sogenannte Hochwert der Koordinate eingetragen.
Bitte auch mit dem Amt zuvor klären, welches KBS (Koordinatenbezugssystem) verwendet werden soll. Die HessenArchäologie verwendet beispielsweise das Gauß-Krüger (3 Streifen) Koordinatensystem.
Beschreibung Dieses Feld bietet mir die Möglichkeit, den einzelnen Fund ganz ausführlich zu beschreiben. Die Beschreibung bezieht sich auf das, was ich sehe: Form, Farbe, Beschaffenheit, Besonderheiten wie Verzierungen etc.
Warenart
Die Warenart ist bereits eine Klassifizierung des Fundes und sollte mit der einsprechenden Vorsicht angewandt werden.
Fundtyp
Hier gibt man die Fundkategorie in einer gröberen Einteilung an. Zum Beispiel: Alle Gegenstände, die aus Ton gefertigt wurde, werden unter dem Oberbegriff der Keramik erfasst.
Die Kategorien Arbeitsvermerke und Vergleichsfunde sind nur zu befüllen, wenn etwas derartiges festzuhalten wäre.
Hinweis:
Es kann es sein, dass, je nach Bundesland, andere Methoden der Dokumentation erwünscht sind. Man sollte man diese daher immer mit dem zuständigen Landesamt für Denkmalpflege abstimmen.
Schmuck galt schon in Zeiten der Vorgeschichte als kostbar und hatte über alle Epochen hinweg einen besonderen Prestigewert. Auch Glasperlen dienten als Schmuck, entweder in Form von Ketten oder als Trachtenbestandteil. Die Glasperlenherstellung hatte ihren Ursprung im vorgeschichtlichen Europa bereits vor ca. 3.000 Jahren. Glasperlen finden sich daher im archäologischen Fundmaterial von Siedlungen und Gräbern der Bronze-, Eisen-, und Römerzeit bis hin zum Mittelalter.
Bei den Begehungen meiner mittelalterlichen Wüstungen finde ich auch heute noch Spuren dieser Schmucktradition. Zu meinem Lesefundspektrum gehören bislang 4 Glasperlen, welche ich über einen Zeitraum von ca. 3 Jahren bergen konnte. Um Perlen auf dem Acker zu erkennen, benötigt man neben guten Augen auch eine gewisse Portion Neugier. Zum Beispiel hätte ich – ohne diese Neugier – die weiße Perle mit einen Durchmesser von nur 5 Milimeter nicht als solche erkannt. Man hätte sie nämlich auch für einen kleinen Kieselstein halten können…
Nachfolgend stelle ich meine 4 Funde genauer vor. Die meergrüne und die weiße Perle konnten von ihrer Form her als merowingerzeitlich bestimmt werden. Die beiden kobaltblauen Perlenfragmente sind zeitlich nicht näher zu bestimmen. Von ihrer Form und Farbe her könnten sie vorgeschichtlich, römisch oder mittelalterlich sein.
Meergrüne Perle (merowingerzeitlich)
Die tönnchenförmige Perle ist aus opakem Glas. Dieses erscheint an der Oberfläche matt und rauh. Man kann aber die meergrüne Farbe noch deutlich an einigen Stellen erkennen. Sie hat einen Durchmesser von 1,2 cm und eine Höhe von 1 cm.
Am oberen Rand ist die ursprüngliche Farbe noch gut sichtbar. (Foto: Biggi Schroeder)Die Glasperle im Profil (Foto: Biggi Schroeder)
Weiße Perle (merowingerzeitlich)
Die Perle ist aus opakem Glas, welches an der Oberfläche matt erscheint. Sie hat einen Durchmesser von 0,5 cm und eine Höhe von 0,5 cm.
Die Form der Perle ist eher viereckig als rund (Foto: Biggi Schroeder)Die Perle im Profil (Foto: Biggi Schroeder)
Kobaltblaue Perle (zeitlich nicht genauer bestimmbar)
Die kobaltblaue Perle ist aus transluzentem Glas, welches an der Oberfläche eine silbrig-glänzende Patina aufweist. Sie hat einen Durchmesser von 0,5 cm und eine Höhe von 0,5 cm.
Hier sieht man auch gut die silbrige Patina (Foto: Biggi Schroeder)Die Bruchstelle der Perle (Foto: Biggi Schroeder)
Kobaltblaue Perle (zeitlich nicht genauer bestimmbar)
Die kobaltblaue Perle ist aus transluzentem Glas, welches nur eine geringe Patina erkennen läßt. Sie hat einen Durchmesser von 0,5 cm und eine Höhe von 0,5 cm.
Draufsicht (Foto: Biggi Schroeder)Die Bruchstelle der Glasperle (Foto: Biggi Schroeder)
Herstellungstechnik der Glasperlen
Vielleicht ist es für den einen oder anderen noch interessant, wie die Glasperlen denn hergestellt wurden. Auf der Webseite der Archäologie Krefeld wird die Methode sehr anschaulich erklärt: Die Technik der Glasperlenherstellung
Glasperlendrehen als Experiment
Übrigens haben wir vor einigen Jahren bei terraplana mal als Experiment Perlen selbst gedreht. Zugegebenermaßen hatten wir keinen Glas-Schmelzofen, daher musste ein Campingkocher für den Schmelzvorgang herhalten 😉 Dennoch: Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen.
Glasperlen aus eigener Herstellung – immerhin kam Material für eine komplette Kette zusammen. (Foto: Biggi Schroeder)
Literaturhinweise
Die folgenden Publikationen (oder Teile davon) kann man als PDF im Internet abrufen:
Magdalena Tempelmann-Maczynska, 1985: Die Perlen der römischen Kaiserzeit und der frühen Phase der Völkerwanderungszeit im mitteleuropäischen Barbaricum, Verlag Philipp von Zabern, Mainz
Maren Siegmann, Dissertation Göttingen 1998/99: Bunte Pracht – die Perlen der frühmittelalterlichen Gräberfelder von Liebenau, Kreis Nienburg, Weser, und Dörverden, Kreis Verden, Aller: Chronologie der Gräber, Entwicklung und Trageweise des Perlenschmucks, Technik der Perlen
Link zum Download des PDF auf der Webseite der DGUF
Martin Heck, Dissertation 2000: Chemisch-analytische Untersuchungen an frühmittelalterlichen Glasperlen.
Textilien kaufen wir in der heutigen Zeit entweder in Chain-Stores oder ganz bequem im Internet. Diese werden aber hauptsächlich in großer Entfernung hergestellt, so dass wir die Produktionsbedingungen gar nicht mehr wahrnehmen.
Wenn wir in die archäologische Forschung schauen, dann zeigt sich anhand entsprechender Funde, dass Spinnen und Textilhandwerk Alltag waren. Archäologen können dies beispielsweise belegen, wenn sich Spinnwirtel oder Webgewichte im Fundmaterial von Siedlungsgrabungen finden.
Bei einem Spinnwirtel handelt es sich um das bei der Handspinnerei verwendete Schwunggewicht, welches am unteren Ende einer Handspindel sitzt. Spinnwirtel finden sich im archäologischen Fundmaterial des Neolithikums genauso wie in dem der Bronzezeit, der Eisenzeit, der Römerzeit und natürlich im gesamten Mittelalter. Mit dem Aufkommen des handbetriebenen Spinnrades im 13. Jahrhundert kommen Handspindeln – und somit auch die Spinnwirtel – nach und nach außer Gebrauch.
Hinweise auf Textilherstellung in abgegangenen Siedlungen: Oberflächenfunde von Spinnwirteln aus Ton und Knochen (Foto: Biggi Schroeder)
Auch im Fundmaterial der von mir regelmäßig begangenen mittelalterlichen Wüstungen finden sich häufiger Spinnwirtel. Etwas problematisch ist es, die genauere Zeitstellung der Wirtel zu ermitteln. Da diese als Lesefunde geborgen wurden, ist eine genauere Datierung oft nicht möglich. Dies gilt vor allem dann, wenn sie keine besonderen Merkmale – wie etwa Verzierungen oder spezielle Formen – aufweisen. Bei einer archäologischen Grabung wäre das anders, denn hier hätte man die Möglichkeit einer Datierung in einen Kontext zu Beifunden oder über die Stratigraphie.
Vom Material her gab es Spinnwirtel aus Stein, Ton, Glas, Knochen und Metall. Was die Form betrifft, so waren kegelförmige, scheibenförmige, halbkugelige, doppelkonische oder runde Formen beliebt.
Ich möchte nachfolgend vier Spinnwirtel aus dem Fundmaterial meiner Wüstungen einzeln vorstellen. Zur besseren Visialisierung habe ich, zusätzlich zu den Fotos, noch einige Zeichnungen im Maßstab 1:1 angefertigt.
Spinnwirtel aus Knochen (halbkugelig)
Der Spinnwirtel aus Knochen ist ohne jede Verzierung. Eine Besonderheit zeigt sich bei Lochbohrung: Dieses ist nicht komplett durchgängig. An der Unterseite beträgt die Tiefe der Bohrung 1,2 cm und an der Oberseite 0,4 cm. Denkbar wäre, dass es sich hierbei um einen misslungener Versuch handelt.
Von seiner Form her ist der Spinnwirtel halbkugelig. Er hat einen Durchmesser von 3,6 cm und ist an der höchsten Stelle 1,8 cm hoch.
Spinnwirtel aus Ton (rund)
Der Spinnwirtel ist an der Oberfläche grau-blau und im Kern grau. Der Ton ist teils mit weißen Partikeln (Quarzsand?) und mit kleinen schwarzen Partikeln gemagert und wurde mittelhart gebrannt.
Von seiner Form her ist der Spinnwirtel rund. Er hat einen Durchmesser von 3,5 cm und eine Höhe von 1,9 cm.
Spinnwirtel aus Ton (kegelförmig)
Der nicht komplett erhaltene Spinnwirtel ist an der Oberfläche und im Kern grau. Der Ton ist teils mit weißen Partikeln (Quarzsand?) gemagert und mittelhart gebrannt.
Von seiner Form her ist der Spinnwirtel kegelförmig. Er hat einen Durchmesser von 2,5 cm und ist 2,0 cm hoch.
Spinnwirtel aus Ton (doppelkonisch)
Der Spinnwirtel ist an der Oberfläche dunkelgrau und relativ gut geglättet. Er ist mittelhart gebrannt.
Von seiner Form her ist der Spinnwirtel asymetrich doppelkonisch. Ober- und Unterseite sind nicht gekehlt sondern flach. Er hat an der breitesten Stelle einen Durchmesser von 2,5 cm und ist 1,5 cm hoch.
Literaturhinweise:
Die nachfolgenden Publikationen sind im Intenet als PDF abrufbar:
Karina Grömer, 2006: Vom Spinnen und Weben, Flechten und Zwirnen. Hinweise zur neolithischen Textiltechnik an Österreichischen Fundstellen. Archäologie Österreichs 17/2, 2006
W. Haio Zimmermann, 1982: Archäologische Befunde frühmittelalterlicher Webhäuser. Jahrbuch der Männer vom Morgenstern 61, 111-144, Bremerhaven, 1982
Vor dem Prätorium war kurz vor dem Start der Führung bereits eine nette Truppe von Wikipedianer_innen versammelt. Geführt wurden wir von Dr. Thomas Otten, dem Projektleiter des Museumskonzepts. Er brachte uns im Rahmen der fast 3stündigen exklusiven Backstage-Führung auf den aktuellsten Stand des Projekts. Unterstützt wurde er dabei von Dr. Tanja Potthoff (Wissenschaftliche Referentin Archäologie) sowie Dr. Christiane Twiehaus (Leitung Abteilung Jüdische Geschichte).
Mauerreste des römischen Statthalterpalastes (Praetorium) – Foto: Biggi Schroeder
So erfuhren wir von Herrn Dr. Otten, dass der Museumsneubau „MIQUA – Archäologisches Quartier und Jüdisches Museum“ heißen wird. Der Name MIQUA verbindet quasi die Location des neuen Museums, welches sich „Mitten im Quartier“ befindet, mit einem der wichtigsten Bestandteile des Konzepts, der Mikwe, einem jüdischen Ritualbad.
Das neue Konzept setze durchaus auf multimediale Effekte, so Otten, aber diese sollen keinesfalls in übertriebenem Maße zu Einsatz kommen. Vielmehr schaut man sich derzeit um was es an Möglichkeiten gibt. Man plant jedenfalls die Effekte wohldosiert einzusetzen, und zwar dort wo es auch Sinn macht.
Für mich persönlich ist das geplante Ausstellungskonzept hinsichtlich des in den Grabungen geborgenen Fundmaterials sehr durchdacht. Die Funde sollen mit dem Fundort und dessen Geschichte verortet bleiben – so werden sie nicht aus dem Kontext gerissen. Daher soll es auch keine Ankäufe von potenziellen Ausstellungsstücken geben. Vielmehr setzt man daruf, die Alltagsdinge an dem Ort auszustellen, wo sie gefunden wurden. Die gesamte Ausstellungsfläche wird übrigens ca. 1600 m² Ausstellungsfläche betragen. Das ist eine ganze Menge, wie ich finde.
Am Abend gab es dann im Lokal K ab 18:30 Uhr noch eine Wikipedia-Weihnachtsfeier mit dem wohl seit Jahren stattfindenden traditionellen Bücherwichteln. Alles in allem eine tolle Sache und ein fantastischer Ausklang eines gelungenen Tages 🙂
Das Buffet im Lokal K war reich gedeckt. (Foto: Biggi Schroeder)
Mitmachen bei Wikipedia – Das kannst auch du!
Als Wikipedia-Neuling (ein sogenanntes Wiki-Greenhorn) erhoffte ich mir von der Veranstaltung natürlich auch Tipps für meine Mitarbeit an dem Projekt. Jedenfalls war es toll, mit den „alten Hasen“ unter den Wikipedia Autorinnen und Autoren ins Gespräch zu kommen.
Lesefunde, welche von bewirtschafteten Ackerflächen stammen, sind in der Regel aufgrund des Einsatzes moderner Landmaschinen oft sehr kleinteilig zerscherbt. Daher war ich umso überraschter, als ich bei einer meiner letzten Begehungen auf dem wenige Wochen zuvor frisch gepflügten Acker erstaunlich viele große Scherben fand. Und noch erstaunter war ich über die vielen frischen Bruchkanten. Daher versuchte ich zunächst herauszufinden, ob einige der Scherben zusammenpassen. Das war tatsächlich bei manchen der Fall – sie mussten also von demselben Gefäß stammen.
Südgallische terra sigillata – Bodenscherbe einer Drag 30 Schüssel (Foto: Biggi Schroeder)Südgallische terra sigillata: Zwei zusammenpassende Bodenfragmente einer Schüssel (Drag 27). Der Stempel auf der Innenseite des Gefäßes verrät uns den Namen des Töpfers: FIRMO (Foto: Biggi Schroeder)Töpferstempel FIRMO in Großaufnahme (Foto: Biggi Schroeder)
Warum tauchen plötzlich so viele große Scherben auf?
Diese Frage habe ich mir natürlich gestellt! Meine Vermutung ist, dass der Landwirt möglicherweise etwas tiefer gepflügt hatte und im Zuge dessen vielleicht einige Gruben angeschnitten hat. Die Scherben traten an manchen Stellen relativ konzentriert auf – das könnte ein weiteres Indiz dafür sein.
Bodenfragment aus der TS Produktion Rheinzabern (Foto: Biggi Schroeder)
Nicht zu unterschätzen ist zudem der erosionsbedingte Bodenabtrag auf der Ackerfläche. Denn je dünner die Pflughorizontschicht über einem Bodendenkmal ist, umso eher sind darin befindliche Artefakte und Mauerreste gefährdet.
Beide Faktoren könnten – einzeln oder gemeinsam -in meinem Fall dafür gesorgt haben, das der Pflug die bislang geschützten Scherben ans Tageslicht brachte.
Wandscherbe der Urmitzer Ware (Foto: Biggi Schroeder)
Gut oder schlecht?
Gut an der Sache ist, dass ich die Scherben dokumentieren und bergen konnte. Schlecht daran ist, dass der Pflug vermutlich in den Bereich des Bodendenkmals gelangt ist und somit bisher geschützte Funde an die Oberfläche befördert hat. Umso wichtiger ist die horizontalstratigrafische Dokumentation der Lesefunde.
Wandscherbe einer vorgeschichtlichen Warenart (Foto: Biggi Schroeder)
Archäologie & Geschichte können als wichtiges Bindeglied zwischen Gesellschaft und Politik fungieren. So hatte der an Archäologie und Geschichte sehr interessierte Bundestagsabgeordnete Gerold Reichenbach vor 16 Jahren die Idee, eine History-Tour ins Leben zu rufen. Diese steht unter der Schirmherrschaft des Historikers und Germanisten Prof. Dr. Ernst Erich Metzner. Alle Informationen hierzu sind auf der Homepage von Gerold Reichenbach zu finden.
Dr. Thomas Maurer (links) und Gerold Reichenbach (Foto: Biggi Schroeder)
Die gestrige Exkursion stand unter dem Motto „Über Stock und Stein“. Als Referent stand Dr. Thomas Maurer (M.A.) vom Institut für Archäologische Wissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main zur Verfügung. Er führte uns zum Gelände, auf dem der spätrömische Burgus, einer sogneannten Schiffslände, im Jahr 2003 als Lehrgrabung der Uni-Frankfurt ausgegraben wurde. Die eigentliche Überraschung aber war, das neben dem Burgus auch neun frühmittelalterliche Körpergräber mit reichen Beigaben gefunden wurden.
Das ehemalige Grabungsgelände des Schiffsländeburgus in Astheim (Foto: Biggi Schroeder)
Jeder Feldbegeher kennt das sicherlich: Man findet hin und wieder Rand-, Wand- Bodenscherben, die man nicht zweifelsfrei einer bestimmten Warenart zuordnen kann. Im Fundbericht und auf dem Fundzettel beschreibe ich diese anhand der sichtbaren Merkmale so gut wie möglich und versehe sie mit dem Hinweis „Warenart unbestimmt“.
Bei dieser Scherbe, die ich bei einer Begehung im Mai 2014 entdeckt habe, handelt es sich um einen solchen Fund. Er fällt (bislang) in die Kategorie“ Warenart unbestimmt“, denn selbst Autopsien haben bislang keine Klärung gebracht. Vielleicht kann irgend jemand anhand des Beitrags „sachdienliche Hinweise“ auf die Identität der „unbekannten Scherbe“ geben.
Schauseite der Wandscherbe mit plastischer Wellen- und Rillenzier (Foto: Biggi Schroeder)
Beschreibung: Farbe mittelgrau, im Kern hellgrau, klingend hart gebrannter Scherben, breite und tiefe Riefen an der Innenseite, die Schauseite weist eine plastische Verzierung mit Wellenmuster und Rillen auf. Anhand des Verlaufs der Rillen könnte es sich um das Fragment eines Deckels handeln. Der Scherben weist nur wenige, mittelgrobe Magerungsbestandteile auf.
Innenseite mit tiefer, breiter Riefung (Foto: Biggi Schroeder)Profil der Scherbe (Foto: Biggi Schroeder)
Von der Zeitstellung her würde ich eine grobe Datierung ins Spätmittelalter nicht ausschließen. Aber das muss erst mal pure Spekulation bleiben.
Vielleicht könnt ihr ja Licht ins Dunkel bringen. Ich freue mich auf entsprechende Hinweise zur möglichen Warenart!
Das LWL-Museum für Archäologie ist eine Institution, wenn es um die sehr anschauliche und moderne Präsentation der Geschichte Westfalens geht. Dazu trägt seit kurzem auch der LWL-Blog bei. Vor einigen Wochen wurde ich vom Redaktionsteam gefragt, ob ich einen Gastbeitrag für diesen Blog schreiben würde. Dieser Bitte bin ich sehr gerne nachgekommen. Mein Beitrag wurde am 20. Mai publiziert und ist hier nachzulesen: Im Auftrag der HessenArchäologie unterwegs!